Fleißig die auf seinen Stacheln aufgespießten Äpfel nach Hause tragend ist der Igel Sympathieträger und Held vieler Kinderbücher – aber kaum jemand weiß, dass Igel reine Fleischfresser sind und dass unser heimischer Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist und daher nur zur vorübergehenden fachkundigen Pflege der Natur entnommen werden darf (vgl. BNatSchG §44, §45 (5)). In Bayern steht er sogar auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten.
Wo sich Fuchs und Igel Gute Nacht sagen – bei Frau Wietschel ist jeder Findling in guten Händen
Kleine Igelfachkunde
Igel werden im August und September geboren und bis zu einem Gewicht von 200 Gramm gesäugt. Sie können noch den gesamten Oktober über futtern, bis sie sich im November schließlich zur Ruhe in den Winterschlaf begeben. Sie sind nachtaktiv und ernähren sich vor allem von Insekten und Spinnentieren. Milch und Obst hingegen gehören nicht zum Nahrungsspektrum dieser Tiere.
Gärten igelfreundlich gestalten
Wer dem Igel helfen möchte, sollte seinen Garten igelfreundlich gestalten. Der Verzicht auf Mineraldünger und chemische Schädlingsbekämpfungsmittel versteht sich von selbst. Ein winterfest gemachter, gut aufgeräumter Garten mit englischem Rasen bietet kaum noch Nahrung. Dichte Hecken mit tief wachsenden Zweigen, Trockenmauern mit Nieschen, Komposthaufen und Haufen aus Totholz, Baumschnitt und Laub bieten dem Igel noch lange Nahrung, ein sicheres Versteck und ein ungestörtes Winterquartier. Hier baut er gern sein Nest, in das er sich zurückzieht, wenn die Temperaturen dauerhaft kühl werden.
Igel bei der Vorbereitung seines Winterquartiers
Einem Igel helfen?
Irgendwie haben wir im Hinterkopf, dass zu kleine und schwache Igel kaum Chancen haben, den Winter zu überleben. Und deshalb neigen wir dazu, hilfsbereit einzuschreiten, wenn ein Igelkind unseren Weg kreuzt. Wir nehmen es mit nach Hause und allzu oft schaden wir ihm damit mehr, als dass wir ihm helfen. Denn zu einer fachkundigen Pflege gehört weit mehr als ein bisschen Igelfutter, welches ja mittlerweile sogar im Tierfutterhandel von geschäftstüchtigen Herstellern angeboten wird.
Igel in der Natur Igel sein lassen!
Sehen wir im September nachts ein Igelkind, ist meist die Mutter nicht weit. Nur, wenn ein Igelkind weniger als 200 Gramm wiegt und wirklich allein unterwegs ist, braucht es zu diesem Zeitpunkt schon Hilfe. Mitte Oktober sollte es mindestens 400 Gramm wiegen, Anfang November 600 Gramm. Wiegt das Igelkind wirklich zu wenig, erfolgt die erste Hilfe am besten an Ort und Stelle. Flache Schälchen mit Futter und Wasser werden am Abend aufgestellt und helfen dem Igel beim Anfuttern von Fettreserven. Hier genügt es, dem Igel Katzentrockenfutter zu servieren.
Wie erkennt man einen Igel, der krank und schwach ist und wirklich Hilfe benötigt?
Ein gesunder Igel besitzt knopfförmige, klare Augen, hat eine feucht Nase und eine runde Silhouette. Bei Berührung rollt er sich ein.
Stark abgemagerten Igeltieren fehlt das nötige Fettgewebe im Nacken, dadurch haben sie Einbuchtungen hinter dem Kopf, den sogenannten „Hungerknick“, der so aussieht, als wäre ein Hals zwischen Körper und Kopf.
Kranke oder verletzte Igel erkennt man daran, dass sie torkeln oder auf der Seite liegen, sich nicht einrollen können, schlitzförmige und eher eingefallene Augen haben. Igel, die husten, sind ebenfalls krank.
Ist ein Igel tagsüber unterwegs, ist dies immer ein Alarmzeichen. Igel, die bei Schnee oder Dauerfrost unterwegs sind, brauchen auch immer Hilfe.
Wie hilft man solchen Tieren?
Sind Fliegeneier oder Maden sichtbar, müssen diese schnellstmöglich von Hand entfernt werden (Spot-On Präparate und Flohpulver werden nicht vertragen).
Das Tier darf erst gefüttert werden, wenn es durchgewärmt ist. Dazu eine handwarme Wärmflasche oder ein ebensolches Kirschkernkissen unter ein Nest aus Handtüchern legen und einen umgekehrten Karton mit Türöffnung als Schlafhäuschen darüber stellen. Erst wenn sich der Igelbauch warm anfühlt, darf gefüttert werden.
Womit päppelt man Igel auf?
Man macht nichts verkehrt, wenn man dem Igel Rührei anbietet, aber bitte ohne Milch, Sahne, Gewürze…, in einer beschichteten Pfanne ohne weitere Zutaten hergestellt! Auch rohes Rinderhackfleisch mögen und vertragen Igel. Hat man frisches Geflügel, dürfen kleine rohe Stückchen ohne Haut in den Futternapf.
Dazu gibt`s ein Schälchen Wasser. Obst und Gemüse verträgt der Igel ebenso wenig wie Milch und Hundefutter. Katzennassfutter mit der Aufschrift „Pastete“ bekommt auch dem Igel, Sauce und Gelee im Katzenfutter führen zu Durchfall. Nassfutter muss aber mindestens 68% Fleischanteil enthalten, also bitte genau die Zutatenliste studieren.
Vorsicht vor handelsüblichem Igelfutter!!!
Handelsübliches Igelfutter kann Igel sogar töten. Die enthaltenen Mehlwürmer verträgt er nicht, Haferflocken machen den Igel satt, ohne dass er sie verdauen kann. Er verhungert sozusagen bei gefülltem Magen.
Wie überstehen Igel und aufnehmende Familie den langen Winter?
Nach einer Erstversorgung sollte man sich an eine Igelstation oder einen igelerfahrenen Tierarzt wenden, um den Igel untersuchen und von Ungeziefer befreien zu lassen und um sich Rat für einen gelingenden Winterschlaf zu holen.
Sehr hilfreich ist das Buch „Igelhilfe mit Herz und Verstand“ von Antje Weichmann. Sie finden Frau Weichmann auch auf Facebook.
Frau Wietschel praktiziert in Obermaßfeld bei Meiningen.