Luigi Colani: Umstrittener Designer im Fokus thinkstockphotos.de
  • 27. April 2015
  • Kristin Hierl

Luigi Colani: Umstrittener Designer im Fokus

Luigi Colani – der heute 85-jährige deutsche Designer versprach modernen Fortschritt und erntete vielerorts Spott. Vor allem seine autoritäre Persönlichkeit verhalf dem futuristischen Künstler zu Ruhm und Ehre – eine Kurzbiografie.

Spielzeug besaß Luigi Colani (*1928 in Berlin) als Kind nicht. Seine Eltern hielten es für das Beste, wenn sich ihr Sprössling selbst darum kümmerte, indem er das, was ihn inspirierte, eigenhändig fertigte. Familie Colani legte besonders viel Wert auf Selbstständigkeit und Kreativität. Lutz, so Colanis bürgerlicher Name, konnte so bereits mit vier Jahren problemlos mit einem Lötkolben umgehen. Er baute sich Schiffe, Flugzeuge und Autos aus den unterschiedlichsten Materialien. Sein Schaffen führte ihn ohne Umwege auf die Hochschule der Bildenden Künste in Berlin.

Dort studierte er einige Semester Bildhauerei und Malerei. 1949 führte er sein Studium an der Sorbonne, Paris, fort und erweiterte es um das Fach der Aerodynamik. Später arbeitete er für einen namenhaften Flugzeughersteller in den USA, anschließend in der Automobilindustrie, vorwiegend in Frankreich und Berlin, wo er Kunststoffkarosserien mitgestaltete. Seine Designtätigkeit erweiterte Colani ab den 1960er Jahren mit Möbeln und Gebrauchsgegenständen. Ein Industriedesigner also, der mit seiner futuristischen als auch biomorphen Kunst erheblichen Einfluss haben sollte – sollte man meinen.

Luigi Colani – eine Eigenmarke

Colani war in seinem Element. Er entwarf aerodynamische, moderne und unglaublich künstlerisch wirkende Flugzeuge, Zugmaschinen und Gegenstände, die meist eines gemeinsam hatten: fehlende Alltagstauglichkeit. Nach eigenen Angaben gingen mehr als 70 Prozent seiner Entwürfe erst gar nicht in Serie. Was also ist das für ein Designer, der mithilfe ausgefallener Ideen bereits mehr als sechs Jahrzehnte versucht, die Welt zu verändern? Vom Bierglas bis zum Superflugzeug – Luigi Colanis Handschrift bleibt vor allem aufgrund seiner umstrittenen Persönlichkeit unverkennbar.

Der Querdenker gehört zu den bekanntesten und wirtschaftlich erfolgreichsten Industriedesignern Deutschlands. Sein Vermögen verdankt er zum einen seinem Können, zum anderen aber seiner autoritären Persönlichkeit. Colani polarisiert und das lockt verschiedenste Auftraggeber – ob die Idee nun umsetzbar ist oder nicht. Nicht ohne Grund nennt man ihn den Meister der Selbstdarstellung. Seine Kritiker seien alle „Pfeifen“ und viele seiner Künstlerkollegen gehören „erwürgt“, wetterte die Stilikone nur allzu oft. Ein Colani lässt sich den Mund nicht verbieten und das gefällt – vor allen den Medien.

Luigi Colani – Werke

Doch was hat der Designer nun eigentlich hervorgebracht? Eine große Klappe allein hinterlässt in der Branche keine Fußabdrücke. Colanis Potential sollte sich bereits zu Beginn seiner Karriere in der Automobilbranche zeigen. Nachdem er einige Jahre für VW, Fiat und Alfa Romeo Kunststoffkarosserien entworfen hatte, designte er einen Sportwagen, den man selbst zusammenschrauben konnte. Der Colani GT – alias „Polyesterflunder“ – kostete damals nur 5.000 Mark und wurde zum Kultmobil schlechthin.

Ende der 1960er Jahre fertigte er zudem Designermöbel für namenhafte Hersteller, darunter auch Kusch & Co. Für das Qualitätshaus entwarf er die Liege TV Relax, die heute Teil der ständigen Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München ist. Darauf folgte viel Brauchbares, wie seine Arbeiten für Villeroy & Boch, Grohe und Rosenthal unter Beweis stellen. Noch populärer machte ihn seine Spiegelreflexkamera T90 für das Haus Canon, die er während seiner Zeit in Japan mit auf den Markt brachte. Auch Sony profitierte von Colanis Kunst: Ende der 1980er Jahre entwarf er für den Elektronikkonzern spezielle Kopfhörer, die heute im Moma (Museum of Modern Art) in New York ausgestellt werden.

Luigi Colani – der Visionär

Doch Colanis größtes Projekt steht noch aus. Seit Mitte der 1990er reist er immer häufiger nach China, wo er bereits verschiedene Professuren im Bereich Design übernahm. Der Visionär arbeitet an einer Eco-City, einer Stadt auf der Insel Chong Mingh im Jangtse-Delta. Die Stadt ist in der Vogelperspektive einem auf dem Rücken liegenden Menschen nachempfunden und soll nahezu ohne fossile Energieträger auskommen. Auch das spricht für den heute 85-jährigen Designer, dessen Kunst auf Ästhetik, Rundungen und Ergonomie abzielt. Ecken und Kanten „zerfetzen das Auge“, so Colani und so bleibt offen, ob er sein Lebenswerk je vollenden wird.