Pierre Cardin – Portrait des Modeschöpfers getty images
  • 13. April 2015
  • Anja Rau
Modezar und Tausendsassa

Pierre Cardin – Portrait des Modeschöpfers

92 Jahre alt und kein bisschen zurückhaltend – das ist der Modeschöpfer Pierre Cardin. Nebenher ist er Schlossherr, Kunstmäzen und Unternehmer, so hat er in sechs Jahrzehnten ein wahres Imperium aufgebaut.

Bescheidenheit gehört nicht zu den Tugenden, die Pierre Cardin verinnerlicht hat. Erst kürzlich behauptete er gegenüber dem Wochenmagazin „Stern“ im Interview: „Ich bin einer der reichsten Männer Frankreichs. Ich kann mir alles leisten.“ Er ist so reich, dass er zurzeit einen 240 Meter hohen Turm in Venedig bauen lässt. Vielleicht kehrt er damit ein wenig zu seinen Wurzeln zurück. Am 2. Juli 1922 wurde er als Pietro Cardini in San Biagio di Callalta in der Nähe von Venedig geboren. Er ist das jüngste von sieben Kindern. Seine Eltern, der Vater ist Winzer, ziehen schon bald nach Frankreich, weswegen aus Pietro Pierre und aus Cardini Cardin wird.

Als Jugendlicher macht er eine Lehre bei einem Herrenschneider in St. Etienne, womit er seiner fixen Idee, nach Paris zu wollen, ein Stück näher kommt. Nachdem die französische Hauptstadt im Herbst 1944 von der deutschen Besatzung befreit ist, macht er seinen Traum wahr. 1946 entwirft er seine ersten Kleider für Jean Cocteaus Kinoklassiker „Die Schöne und das Biest“, später wird er Mitarbeiter bei Christian Dior.

New Look und Prêt-à-porter

Für das Label Christian Dior erfindet er den New Look: Kleider mit enger Taille, schmalen Schultern und einem weiten, wadenlangen Rock. Doch dieser Erfolg reicht ihm nicht. 1950 gründet er sein eigenes Haute-Couture-Geschäft. Als erster Schneider bringt er qualitativ hochwertige Kleidung zu erschwinglichen Preisen heraus – ein Aufschrei geht durch die Modewelt, das Prêt-à-porter ist geboren. Als er schließlich auch noch Mode entwirft, die in Kaufhäusern angeboten wird, wird er sogar vorübergehend aus der Pariser Schneiderinnung geworfen.

Den Avantgardisten kann das nicht stoppen. Er lässt sich bei seinem Schaffen auch vom aktuellen Zeitgeschehen inspirieren. Als die Russen Satelliten und Juri Gargarin ins All schießen sowie amerikanische Astronauen den Mond erreichen, erfindet Cardin den Sputnik-Style. Science-Fiction-Kleidung aus synthetischen Fasern, Vinyl und anderen spacig aussehenden Materialien.

1978 erobert Cardin die kommunistische Volkrepublik China. Für Stewardessen, Soldaten und Polizisten schneidert er Dienstkleidung. Sein Mao-Look, mit Hemden ohne Kragen, geht um die Welt, auch die Beatles tragen seine Mode. Generell prägen die 60er und 70er Jahre seinen Stil, was selbst in seinen aktuellen Kollektionen noch sichtbar wird.

Mode, Restaurants, Schlösser – ein ganzes Imperium

Mit der Mischung aus Luxus- und Discountware hat sich Pierre Cardin mit 1000 Fabriken in 100 Ländern bereits mit 60 Jahren ein Imperium aufgebaut. Sein Vermögen wird auf circa 300 Millionen Euro geschätzt.

Doch nicht nur mit Mode feiert er Erfolge. Mit dem legendären Luxusrestaurant Maxim’s in Paris, kauft er 1981 ein weiteres Erfolgsmodell. Filialen in Peking, Moskau sowie New York folgen. Seit 2001 ist er zudem Schlossbesitzer, da er das Schloss des Marquise de Sade in Lacoste erwirbt. Damit macht er sich vor Ort allerdings keine Freunde, will er den Ort doch zu einer Pilgerstätte für Kulturinteressierte umwandeln, wofür er 20Millionen Euro investiert. Die genervten Einwohner protestieren.

Verkaufspreis seines Imperiums: eine Milliarde Euro

Pierre Cardin trägt zahlreiche Titel und erhielt eine Menge Preise, darunter solch kuriose wie die „Goldene Seidenschleife 1994“ der Stadt Krefeld, aber auch den französischen Titel „Kommandeur der Ehrenlegion“. Zudem ist er Frankreichs einziger Modeschöpfer, der der hochangesehenen Akademie der Schönen Künste angehört.

Der 91-Jährige ist sich bewusst darüber, dass auch er nicht ewig leben wird, weswegen er sich bereits Gedanken über den Verkauf seines Imperiums macht. Sein Freund und Mitarbeiter André Olivier verstarb bereits 1993, Kinder oder andere Angehörige hat er nicht. 60 Jahre seines Lebens habe er, nach eigener Aussage, nicht umsonst geschuftet und 800 Lizenzen erlangt, da solle sein Lebenswerk nicht an irgendjemanden gehen. Da Bescheidenheit jedoch, wie eingangs erwähnt, nicht zu seinen Stärken gehört, verlangt er den Kaufpreis von einer Milliarde Euro. Branchenkenner halten diese Summe allerdings für einen Witz, schätzungsweise ist die Marke Cardin etwa 200 Millionen Euro wert.